Wir möchten in diesem Jahr verstärkt auf das Thema kulturelle Aneignung aufmerksam machen, da wir den Eindruck haben, dass in den vergangenen Jahren nur wenig Gespräche und Auseinandersetzungen dazu innerhalb des Parkfests stattfanden. Uns ist das ein wichtiges Anliegen, da wir mit dem Parkfest einen Ort der Begegnung schaffen wollen, auf dem Diskriminierungen reflektiert und abgebaut werden können.
Was ist kulturelle Aneignung?
Kulturelle Aneignung verstehen wir als einen Aspekt kolonialer Kontinuitäten und rassistischer Gewalt. Das bedeutet für uns sowohl die finanzielle, als auch kulturelle Ausbeutung einer unterdrückten Kultur durch die weiße Dominanzgesellschaft. Dadurch entsteht eine Verdrängung und Delegitimierung indigener/unterdrückter Praktiken und Lebensweisen, bei gleichzeitiger Aneignung bestimmter Aspekte (und Ressourcen), welche als „verwertbar“ im Kapitalismus gelten. Das geschieht auf struktureller Ebene, wie beim Kunstraub, aber auch auf individueller Ebene durch das Tragen bestimmter Symboliken.
Während marginalisierte Gruppen für ihr Aussehen oder kulturelle/indigene Praktiken Repressionen und Diskriminierung erfahren, erleben weiße Menschen für die Aneignung desselben häufig Anerkennung und müssen nicht mit (staatlichen) Repressionen und Gewalt rechnen.
Warum ist kulturelle Aneignung keine kulturelle Anerkennung?
Kulturelle Anerkennung kann nur in einer gegenseitigen Begegnung auf Augenhöhe geschehen. Aber das funktioniert nicht in einer Gesellschaft, die auf weißer Vorherrschaft beruht. Beschäftigt man sich umfassend mit einer Kultur, an der man Interesse hat, und begegnet dieser mit Respekt, kann man von Anerkennung sprechen. Jedoch ist einseitige Aneignung nicht das gleiche wie gegenseitige Anerkennung. Ziel kann ein Austausch sein. Deshalb ist eine Gute Frage, die du dir immer stellen kannst: Was gibst du den Menschen zurück, aus deren Kultur du dir Elemente nimmst?
Hier eine unvollständige Liste an Aspekten kultureller Aneignung auf individueller Ebene:
- Piercings: Tunnel, Piercings im (unteren) Mundbereich, Nasenflügel/Septum, Piercing mit Kette zwischen zwei Punkten
- Schmuck: Bindis, Kreole, Messing “Hippi-Schmuck” mit indigenen Symboliken, Federschmuck, Mandala-Ornamente, Indigener Schmuck, Zehenringe, Glocke an den Füßen
- Tattoos: “Tribal” Tattoo, Religiöse Bedeutung, Schriftzeichen, Henna-Bemalung
- Kleidung: traditionelle Bekleidung wie Saris, Boubou, Kimono, Sirwal (oder umgangssprachlich “Pumphosen”), Turban
- Frisuren: White locs, Braids, Cornrows, “Iros”
Was bedeutet das fürs Parkfest?
Wir bitten unsere weißen Weggefährt*innen, im Vorfeld darüber nachzudenken, ob es möglich ist für euch bestimmten Schmuck, Kleidung oa. Zuhause zu lassen.
Deckt eure white locs und „tribal“ tattoos bitte ab!
Kommt gerne mit anderen Menschen auf dem Parkfest darüber ins Gespräch. Es wird Infomaterial zu dem Thema verfügbar sein und es wird ein Q&A mit dem Awarenesskollektiv Em und Em (voraussichtlich um 13:00 Uhr) auf dem Parkfest geben – ihr seid alle herzlich eingeladen!
Für uns geht es nicht darum, einzelne Personen fertigzumachen und als Träger*in des (post-)kolonialen, rassistischen Systems herauszupicken, sondern unsere Kritik soll sich primär an die Strukturen richten.
Wir sind uns auch bewusst, dass (post-)koloniale Gewaltstrukturen und Kontinuitäten nicht beendet sind, wenn Individuen aufhören z.B. Symboliken anzueignen. Jedoch ist es uns wichtig, dass anerkannt wird, wie schmerzhaft es sein kann für BIPOCs (Schwarze, Indigene, People of Colour), wenn im Zwischenmenschlichen diese Gewaltstrukturen (auch unbedacht) reproduziert und nicht anerkannt werden. Stattdessen wünschen wir uns ein solidarisches Handeln, welches sich an den Bedürfnissen marginalisierter Menschen orientiert!
Solidarische Grüße!