Im folgenden dokumentieren wir unser Flugblatt zu den Dortmunder Fridays for Future Demonstrationen, welches gleichzeitig auch als Veranstaltungseinladung gelten soll:
Wie weiter mit der Klimastreik-Bewegung?
Liebe Schülerinnen und Schüler, Liebe Student*innen,
schön, dass ihr heute auf der Straße seid! Die Energie und die Kreativität eurer scheinbar aus dem Nichts entstandenen Bewegung freuen uns und geben uns Hoffnung. Ihr habt erkannt, dass unsere Welt auf eine Katastrophe zusteuert und ihr seid entschlossen, etwas dagegen zu tun. Das wollen wir auch. Lasst uns ins Gespräch kommen, wie wir weiter vorgehen können.
Wer oder was ist schuld an der Umweltzerstörung?
Die Dortmunder Fridays for Future-Demos haben zielsicher das RWE-Hochhaus angesteuert und eingekreist. Ihr habt recht, wenn ihr diesen Konzern anklagt, dass er es für seine Profitinteressen in Kauf nimmt, den Planeten zu ruinieren. Teilweise war auch in den Redebeiträgen zu hören, wir müssten „gegen den Kapitalismus“ vorgehen, um den Klimawandel zu stoppen. Aber was ist damit gemeint? – Der Kapitalismus, das sind nicht nur einige skrupellose Großkonzerne und profitgierige Banken. Der Kapitalismus ist ein weltweites System der Ausbeutung und Unterdrückung, das auf dem privaten Eigentum beruht. Der Kapitalismus zwingt eure Eltern und bald auch euch selbst, Lohnarbeit zu verrichten, also die eigene Lebenszeit und Energie für den Profit der Besitzenden aufzuopfern. Die Katastrophe ist nicht nur etwas, das in der Zukunft droht – für die meisten Menschen weltweit sind die Lebensverhältnisse jetzt schon katastrophal.
Und dieses System ist prinzipiell unfähig, die Zerstörung der Umwelt zu beenden! Zwar wurden mittlerweile Geräte und Technologien entwickelt, die viel weniger Strom benötigen und Schadstoffe erzeugen wie noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Trotzdem steigen Energieverbrauch und CO2-Ausstoß weltweit weiter an. Die Energie, die auf der einen Seite durch effizientere Verfahren eingespart wurde, wird auf der anderen Seite wieder verschleudert, indem immer größere und zahlreichere Kühlschränke, Flachbildschirme, Smartphones usw. auf den Markt geworfen und neuen Käufer*innen in allen Ländern schmackhaft gemacht werden. Kapitalistische Unternehmen und auch Staaten müssen sich nach kurzfristigen Gewinninteressen ausrichten; zu einem wirklich nachhaltigen Handeln sind sie nicht in der Lage.
Der Staat kann uns nicht helfen!
Apelle an Politiker*innen, „doch endlich etwas zu tun“ und „ihrer Verantwortung gerecht zu werden“, sind nutzlos. Selbst wenn sie die besten Absichten hätten, könnten sie nicht gegen die Interessen der Wirtschaft regieren, von deren Florieren doch der Erfolg und die Handlungsfähigkeit ihres Staates abhängt. Wenn sie überhaupt Maßnahmen zum Schutz des Klimas ergreifen, so sind diese halbherzig, um nur ja die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts nicht zu gefährden. Zudem sind sie meist so konzipiert, dass die Masse der Bevölkerung die Zeche bezahlen muss – etwa durch steigende Energiepreise – während die Konzerne weiter ungestört ihre Profite machen können.
Wir halten es auch für keine gute Idee, die Polizei zu beklatschen, wie auf einer der letzten Freitagsdemos geschehen. Die Polizei ist letzlich dazu da, genau die Verhältnisse zu schützen, gegen die ihr protestiert! Im Hambacher Forst und an vielen anderen Orten zeigt die Polizei immer wieder, dass sie bereit ist mit brutaler Gewalt vor zu gehen, um die Interessen der Mächtigen zu verteidigen.
Wie könnte eine Gegenbewegung aussehen?
Eine bessere Zukunft können wir nur selbst durch eine starke Bewegung von unten aufbauen. Diese dürfte nicht bei Demonstrationen stehen bleiben, sondern müsste die Mächtigen da treffen, wo es wirklich weh tut, z.B., indem durch Blockaden die Warensströme unterbrochen oder durch Streiks die Produktion stillgestellt wird. Letztendlich müsste es darum gehen, die Produktionsmittel den Kapitalist*innen zu entreißen und gründlich umzugestalten, damit sie tatsächlich unseren Bedürfnissen dienen und die Natur nicht länger zerstören. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, zu dem uns gleichwohl nicht mehr allzu viel Zeit bleibt.
Wichtig ist, dass die Bewegung selbstorganisiert ist, das heißt, alle Entscheidungen müssen von den Beteiligten selbst getroffen werden. Es dürfen keine neuen Hierarchien entstehen, sonst werdet ihr eure Bewegung schon bald nicht mehr wiedererkennen! Lasst es nicht zu, dass selbsternannte Führer*innen die Bewegung vereinnahmen oder in eurem Namen Verhandlungen mit den etablierten Institutionen beginnen und dabei eure Interessen verraten.
Was nun?
Die Klimastreiks könnten zum Auftakt einer größeren Bewegung werden, wenn es gelingt, andere Bevölkerungskreise einzubeziehen und weitergehende Aktionsformen zu entwickeln. Es besteht die Gefahr, dass die Demos einen toten Punkt erreichen und zur langweiligen Routine verkommen. Dann wäre es wichtig, zu überlegen, wie ihr die gewonnen Erfahrungen und Kontakte nutzen könnt. Über diese Fragen möchten wir gern mit euch diskutieren. Kommt daher zum offenen Treffen, auf dem ihr die Perspektiven der Bewegung besprechen könnt.
Offenes Diskussionstreffen „Wie weiter mit den Klimastreiks?“
Am 16.3 um 15 Uhr
Im Black Pigeon, Scharnhorststr. Dortmund
Wer wir sind:
Wir, die Anarchistische Gruppe Dortmund, sind ein Zusammenschluss von Menschen, die eine herrschaftsfreie Gesellschaft anstreben, in der jede Art der Ausbeutung und Unterdrückung ein Ende haben. Wir sind überzeugt, dass eine freie Gesellschaft nur mit freiheitlichen Mitteln erkämpft werden kann und lehnen daher Hierarchien innerhalb unserer eigenen Reihen ab. Wir beteiligen uns an sozialen Bewegungen und Kämpfen und sagen dabei offen, wer wir sind und wofür wir einstehen. Wir möchten uns dabei nicht als „Anführer*innen“ hervortun, sondern auf Augenhöhe mit anderen zusammenarbeiten.